Historischer Überblick
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Hildburghausen ist eine traditionsreiche und geschichtsträchtige Stadt. Im Jahr 1234 erstmals urkundlich erwähnt, entwickelt sich das kleine Ackerbürgerstädtchen, dessen Bewohner bis ins 17. Jahrhundert hauptsächlich von der Tuchmacherei leben, nur sehr langsam. Nachdem bei einem großen Stadtbrand 1388 das sogenannte Steinhaus zerstört wird, schenkte Landgraf Balthasar von Thüringen die Ruine im Jahr 1395 der Stadt zum Bau eines Rat- und Kaufhauses. Dieses Rathaus nimmt bei einem Orkan 1572 schweren Schaden und wird 1594/95 in seiner heutigen Renaissancegestalt wiederaufgebaut.
Das Jahr 1684 stellt dann eine wichtige Zäsur in der Stadtgeschichte dar, denn Hildburghausen wird Residenz. Vier Jahre zuvor führt ein Erbteilungsvertrag – der sogenannte Gothaer Hauptrezess – unter den sieben Söhnen Herzog Ernst des Frommen (1601–1675) zur Aufteilung des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg. Dem zweitjüngsten Sohn Ernst (1655–1715) fallen dabei Gebietsteile zu, die später das Fürstentum Sachsen-Hildburghausen bilden.
In Hildburghausen beginnt der neue Herzog 1685 mit dem Bau eines Residenzschlosses und der Anlage eines barocken Parks im Süden der Stadt. Mit der herzoglichen Familie ziehen nun auch europäische Vielfalt und Glanz in das kleine Landstädtchen ein. So finden niederländische Tuchfärber in Hildburghausen genauso eine neue Heimat wie in Frankreich verfolgte Hugenotten (1711) und Salzburger Exulanten (1732).
Im 18. Jahrhundert entwickelt sich Hildburghausen schließlich zum Paradebeispiel einer kleinstaatlichen Residenzstadt im Alten Reich. Neben Regierungsbeamten, Hofbediensteten und Schauspielern, lassen sich vor allem Soldaten, Bettler und so mancher Abenteurer auf den Straßen antreffen. Die fürstliche Familie unterhält zudem internationale Beziehungen, vor allem in die Niederlande, aber auch nach Dänemark, Frankreich und Italien – und trägt damit maßgeblich zum Facettenreichtum Hildburghäuser Geschichte bei.
Konkurrenz um Rang, Anerkennung und lokalen Einfluss unter den Fürstendynastien führt auch in Sachsen-Hildburghausen zu enormen staatlichen Geldausgaben. Als einflussreiche Gläubiger vor den Reichsgerichten klagen, sieht sich Kaiser Joseph II. schließlich 1769 gezwungen, zur Regelung der Finanzen des völlig verschuldeten Fürstentums eine Untersuchungs- und Administrationskommission einzusetzen. Dem damaligen Herzog Ernst Friedrich III. Carl (1727–1780) wird damit jegliche Selbstständigkeit in Finanzangelegenheiten genommen. Aber es kommt halb so schlimm: Ein Mitglied der Kommission ist nämlich Prinz Joseph von Sachsen-Hildburghausen (1702–1787), Großonkel des Herzogs. Er agiert zwar streng, ist seiner Familie aber wohl gesonnen. Als Generalfeldmarschall und ehemals Kommandeur der Reichsarmee im Siebenjährigen Krieg gilt er als das vielleicht bekannteste Mitglied des Hildburghäuser Fürstenhauses.
Am 19. August 1779 vernichtet ein Großbrand fast ein Drittel aller Häuser in Hildburghausen. Zusammenhalt der Bürger, gemeinsame Anstrengungen und nicht zuletzt die finanzielle Unterstützung des nunmehrigen Vormundschaftsregenten Prinz Joseph ermöglichen den raschen Wiederaufbau. Bis 1785 wird die Altstadt samt Kirche nach einem einheitlichen Bauplan wiederaufgebaut. Die damals errichteten Gebäude prägen als historisches Ensemble bis heute den östlichen Teil der Stadt und den Marktplatz.
Während der Regierungszeit des letzten Herzogs Friedrich (1763–1834) erfährt die Kultur in Hildburghausen eine wahre Blüte. Gemeinsam mit seiner Gemahlin Charlotte, die aus dem Hause Mecklenburg-Strelitz stammt, umgibt sich der Herzog mit zahlreichen Dichtern und Künstlern, darunter Jean Paul (1763–1825) und Friedrich Rückert. Das kulturelle Wirken des Herzogspaares verschafft Hildburghausen bald den Beinamen "Klein-Weimar".
Therese von Sachsen-Hildburghausen (1792–1854), eine Tochter des letzten Herzogs, heiratet 1810 den bayerischen Kronprinzen Ludwig, den späteren König Ludwig I. Auf die Feierlichkeiten anlässlich der Hochzeit in München geht das heutige Oktoberfest zurück. Dabei kommt Ludwig gerade noch rechtzeitig, denn die hübsche Therese findet sich bereits auf einer geheimen Liste von Heiratskandidaten für Napoléon Bonaparte!
Ein bislang ungelöstes Hildburghäuser Rätsel nimmt 1807 mit der Ankunft des Dunkelgrafenpaares seinen Anfang. Dunkelgraf und Dunkelgräfin leben bis 1810 zurückgezogen in der Stadt, später im nahen Eishausen. Das Grab der 1837 verstorbenen Dunkelgräfin befindet sich noch heute am Hildburghäuser Stadtberg.
Lange gilt es als wahrscheinlich, dass die Dunkelgräfin eine Tochter des französischen Königs Ludwig XVI. und seiner Gemahlin Marie Antoinette ist. Erst mit einem Projekt des MDR ist man zwischen 2012 und 2014 dem Rätsel ein Stück nähergekommen. So bringt eine DNA-Untersuchung den zweifelsfreien Ausschluss, dass es sich bei der Dunkelgräfin um ein Mitglied des französischen Königshauses gehandelt haben könnte. Der Dunkelgraf scheint also das Ziel, den Namen seiner mysteriösen Begleiterin geheim zu halten, bislang erreicht zu haben. Doch wie lange noch?
1825 wird durch das Aussterben der herzoglichen Linie von Sachsen-Gotha-Altenburg eine Neuordnung der ernestinischen Länder notwendig. Im Teilungsvertrag von Hildburghausen (12. November 1826) einigen sich die Herzöge von Sachsen-Coburg-Saalfeld, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Hildburghausen auf eine radikale Umgestaltung der ernestinischen Länder, welche bis 1918 die politische Landschaft Thüringens bestimmen wird.
Im Zuge dieser Verhandlungen gibt Herzog Friedrich das Herzogtum Sachsen-Hildburghausen auf und übernimmt das neu gegründete und von Sachsen-Gotha losgelöste Herzogtum Sachsen-Altenburg. Hildburghausen ist fortan keine Residenzstadt mehr; das Territorium fällt an Sachsen-Meiningen.
Nachdem 1828 der Kaufmann und Unternehmer Carl Joseph Meyer (1796–1856) sein Bibliographisches Institut aus logistischen Gründen von Gotha nach Hildburghausen verlegt, gelangt die Stadt erneut zu Bekanntheit. So ist sie zwischen 1840 und 1855 Entstehungs- und Erscheinungsort des im deutschen Sprachraum allgemeinbekannten Konversationslexikons von Meyer.
Unter Joseph Meyer und seinem Sohn Hermann entwickelt sich das Bibliographische Institut zu einem der erfolgreichsten Verlage des 19. Jahrhunderts. Bekannt geworden sind neben dem Lexikon vor allem die "Groschenbibliothek", ein Vorläufer der Reclamhefte, das "Universum" mit seinen wunderschönen Stahlstichen sowie "Brehms Tierleben".
Im Jahr 1874 zieht das Bibliographische Institut in die Buchstadt Leipzig um. Es hinterlässt damit ein Vakuum in Hildburghausen, das keiner der verbleibenden Industriebetriebe zu füllen vermag. Allerdings existieren auch weiterhin innovative Unternehmen, darunter die Puppenfabrik von Andreas Voit (1775–1837). Sie stellt seit 1804 wohl als erster Betrieb Puppenköpfe aus Papiermaché her. Ab 1870 macht dann der Unternehmer Rudolf Scheller (1822–1900) von sich reden. Er gilt als Erfinder des Brühwürfels sowie der Tütensuppe und beliefert von seiner "Fabrik für kondensierte Suppen" aus die ganze Welt.
Im 19. und 20 Jahrhundert ist Hildburghausen eine bedeutende Schul- und Verwaltungsstadt. Als der Pädagoge Harmsen Wilhelm Rathke (1845–1899) mit seiner "Höheren Fachschule für Maschinenbau" von Sondershausen nach Hildburghausen umzieht, entwickelt sich die Stadt endgültig zur "Stadt der Schulen". Das sogenannte Technikum zieht stetig neue Studenten an, sodass 1896 ein neues Schulgebäude am Kanal des Schlossparks errichtet wird. Die Studenten bringen den Hildburghäusern Mieteinkünfte und kurbeln zudem den Umsatz der zahlreichen Wirtshäuser an. Darüber hinaus geben sie mit ihren Streichen aber auch oft genug Anlass zu allerhand Ärger. Das Technikum schließt 1946 endgültig seine Pforten.